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Melodie eines jeden Kaffees

Einen Morgen ohne eine Tasse dampfenden Kaffee vor der Nase ist für viele schwer vorstellbar. Für Redakteurin Verena ist das undenkbar und sie stattete dem Kaffeeforscher Prof. Chahan Yeretzian an der ZHAW einen Besuch ab.

Herr Prof. Yeretzian, wie wird man Kaffeeforscher?
Ehrlich gesagt zufällig – wie so vieles im Leben. Ich komme eigentlich aus der Materialforschung, genauer gesagt aus der hochaufgelösten Laserspektroskopie und Nanotechnologie. Aber ich war nach meinem Post Doc als Alexander von Humboldt Stipendiat in München offen für Neues und trat meine Forschungsstelle bei Nestlé an. Dort suchte ich mir den Bereich des Kaffees aus, der schon 1995 ein sehr wichtiges und zentrales Thema war.

Ihre alternativen Bereiche Kakao, Eiscreme oder Suppe klingen auch nicht schlecht.
Das stimmt. Ich war als physikalischer Chemiker erstaunt, dass man Lebensmittel in so hoch qualifizierten Labors wie ich sie im Forschungszentrum der Nestlé in Lausanne vorfand, erforscht. Als Doktorand hat man erst einmal seine Scheuklappen auf und fokussiert sich auf sein Thema. Einmal daran geschnuppert, hat mich das Thema Kaffee fasziniert und nicht mehr losgelassen.

Wie konnten Sie Ihre Stärken aus der wissenschaftlichen Laufbahn einsetzen?
Meine Stärken und Arbeitsmethoden in der physikalischen Chemie konnte ich eins zu eins in die Lebensmittelchemie übertragen. Das war damals neu für die Lebensmittelforschung. Meine Fähigkeit, Gedanken, Strategien und Methoden von einem Gebiet in ein vollständig neues zu übertragen und anzuwenden, war sicher damals - und später immer wieder - ein Schlüssel zum Erfolg.

Können Sie uns ein Beispiel nennen?
Ich habe die zeitaufgelöste Aromaanalyse eingeführt. Bis dahin wurde die chromatographische Methode zur Untersuchung von Aromen angewendet. Es wurden Aromen durch Kolonnen gejagt, einzeln herausgeholt und analysiert. Dank der Aromaanalyse per Laser konnten wir uns die empfindlichen Aromen direkt ohne Aufarbeitung oberhalb der Tasse anschauen und jedes einzelne Molekül anstrahlen. Anschliessend haben wir eine verwandte und leichter in der Aroma- und Lebensmittelforschung einsetzbare Variante der Echtzeit-Analyse, die so genannte PTR/MS Technologie, entwickelt und bei Nestlé etabliert. Heute ist diese weltweit im Einsatz: bei allen grösseren Lebensmittel- und Aroma-Firmen sowie in vielen Universitäten.

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Nicht immer kann man sich als junger Forscher so etablieren.
Als junger Forscher muss man das System, das Unternehmen und seine Struktur, in die man einsteigt, schnell verstehen. Bereits vor Eintritt in das Unternehmen sollten Einsteiger die Kultur kennen und sich fragen, wie gut sie dazu passen. Forscher werden oft mit dem Vorwurf "Der versteht das Business nicht" konfrontiert. Es ist nicht einfach, darauf passend zu reagieren. Oft stehen die Schwächen mehr im Fokus anstelle der Stärken.

Wie haben Sie dem entgegengewirkt?
Ich habe schon nach einem halben Jahr einen Antrag beim Abteilungsleiter gestellt, für fünf Monate in angewandten Forschungszentren und in einer Fabrik zu arbeiten, um die Produktion, ihre Sprache und Denkweise besser zu verstehen. Nur so konnte ich sehen, welche Art von Forschung und welche unserer vielen Ideen im Forschungszentrum in der Produktion und auf dem Markt sich auch tatsächlich umsetzen liessen. Manchmal war es auch nur eine Frage der Sprache und zu oft redet man aneinander vorbei.

Wie löst man solche Kommunikationsprobleme?
Viele denken, der Andere müsse einen einfach besser verstehen – es ist aber primär an uns, die Anderen in der Firma zu verstehen und ihnen entgegen zu gehen. Wenn dies beide tun, dann ist der Erfolg oft viel näher. Um mit meinen Kollegen aus anderen Fachbereichen besser zu kommunizieren und meine Finanzkenntnisse auszuweiten, absolvierte ich spät, mit Anfang vierzig, einen berufsbegleitenden MBA in Lausanne. Für einen Wissenschaftler ist dies sicherlich nicht ein offensichtlicher Schritt. Man entfernt sich von seiner ursprünglichen "Comfort Zone". Wichtig erscheint mir dabei, dass man seine eigene Fachkompetenz nicht vernachlässigt, diese gar mit der Zeit verliert. Als reiner Generalist wird man schnell zum Spielball. Dank sehr guter, interner Unterstützung und Offenheit für neue Ideen, waren wir bei Nestlé erfolgreich.

Interview Teil 2: Karriere mit Kaffee

Steckbrief:

Prof. Dr. Chahan Yeretzian ist Leiter der Fachstelle für Analytische und Physikalische Chemie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil. Vor sieben Jahren von Nestlé aus an die Hochschule kommend, etablierte er ein Kaffeekompetenz Zentrum und initiierte das erste Nachdiplomstudium zum Thema Kaffee (www.icbc.zhaw.ch/coffee), welche heute weltweit eine Referenz bezüglich Kaffeeforschung und Ausbildung darstellt. Prof. Yeretzian ist seit 2008 Vorstandsmitglied der Schweizer Sektion der Specialty Coffee Association of Europe (SCAE) und seit 2014 im Board of Directors der SCAE.